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Wir reden nicht über Tierwohl – wir leben es!

Der Musterhof der Familie Hütthaler ist schon längst als ein Ort des Miteinanders bekannt. Genau dort traf sich kürzlich eine Runde, die auf den ersten Blick unterschiedlicher nicht sein könnte – und doch haben sie alle eines gemeinsam: Sie stellen das Wohl der Tiere in den Fokus.

Sorgten früher Schnitzerl zum billigsten Preis für Aufregung, steht XXXLUTZ nun erneut im Mittelpunkt der Medien – allerdings mit durchaus positiven Schlagzeilen: Seit Dezember 2021 findet man in der Speisekarte der Restaurants des Möbelhändlers Schweinefleisch aus österreichischer Tierwohlhaltung. Fleisch & Co hat die „Hauptdarsteller“ dieser Story zum Interview gebeten. Am Tisch uns gegenüber sitzen Dr. Florian Hütthaler, der Inhaber Hütthaler KG, Dr. Andreas Haderer (Geschäftsleitung XXXL Gastronomie), Dr. Carina Kriegl und DI Michael Zoklits von der Gesellschaft !Zukunft Tierwohl! und Hofkultur-Landwirtin Verena Niß.

Fleisch & Co: Herr Hütthaler, Sie sind mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus bekannt für Ihr Tierwohlprojekt Hütthalers Hofultur. Was ist das Besondere an diesem Projekt?

Florian Hütthaler: „Die Hofultur ist ein in Europa einzigartiges Tierwohl-Projekt, das über die gesamte Wertschöpfungskette reicht: Beginnend beim Landwirt über den Transport und den Schlachthof bis hin zur Verarbeitung und den Vertrieb. Wir sind stolz darauf, dass mi lerweile 39 Vertragslandwirte ihre Stallungen an unsere Tierwohlrichtlinien angepasst haben und wir hier eine partnerschaftliche Verbindung pflegen.“

Der Musterhof der Familie Hütthaler. © beigestellt

Fleisch & Co: Es wurde nicht nur das Schweinefleisch der XXXLutz Restaurants zu 100% auf österreichische Herkunft umgestellt, sondern man findet mittlerweile auch Tierwohl-Fleisch in der Speisekarte. Was hat Sie zu dieser Wende bewegt?

Andreas Haderer: „,Mit der Zeit gehen‘ war unsere Motivation. Das Essen wird auch für den Gast immer wichtiger, es wird immer spannender, woher das Produkt kommt und die Anfragen wurden immer mehr. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich oft selbst ein komisches Gefühl habe, weil ich teilweise nicht wusste, woher das Fleisch kam. 2019 haben wir begonnen, uns verstärkt mit dem Thema zu beschäftigen und Erstgespräche mit der Firma Hütthaler geführt.“

Fleisch & Co: Das heißt, Hütthaler und XXXLutz waren schon länger in Kontakt? Warum kam die Umstellung erst jetzt?

Florian Hütthaler: „Man muss wissen, dass man nicht so von heute auf morgen umstellen kann. Für Lutz wurden eigens fünf weitere Landwirte ins Projekt aufgenommen, damit auch der Rohstoff gesichert ist. Diese mussten erst ihre Stallungen an die Tierwohl-Richtlinien anpassen. Weiters wurde bereits im Vorfeld überlegt, welche Produkte in die Speisekarte kommen, da wir klar hinter dem ,From nose to tail‘-Konzept stehen. Das bedeutet also, das ganze Schwein zu verkaufen und nicht nur die Edelteile. Tierwohl darf kein Werbeschmäh sein, sondern muss ernst genommen werden.“

Fleisch & Co: NGOs waren nicht immer gut auf XXXLUTZ zu sprechen. Dr. Kriegl, wie waren die ersten Reaktionen des Vereins, als Sie von der Zusammenarbeit mit XXXLutz hörten?

Carina Kriegl: „Die Mitglieder freuen sich über jede positive Entwicklung in Richtung mehr Tierwohl. Eine Ausweitung der Tierwohllabels auf die Gastronomie wird sehr begrüßt, vor allem aber ist der Schritt von XXXLutz besonders erfreulich, stand man doch in den letzten Jahren mit den ,Billigfleischangeboten‘ sehr stark in der Kritik.“

Fleisch & Co: Gab es im Vorfeld diesbezüglich Bedenken?

Michael Zoklits: „Bedenken hatten wir keine, da die Kooperation einerseits einer fundierten vertraglichen Grundlage zugrunde liegt und wir zum anderen wissen, dass durch die jahrelange gute Zusammenarbeit mit Hütthaler Projekte gut vorbereitet und umgesetzt werden.“

Fleisch & Co: Stichwort Tierwohl: Frau Niß, seit 2017 sind Sie und Ihre Familie Hofkultur-Landwirte. Warum haben Sie sich gegen die konventionelle und für eine Tierwohl-Haltungsform entschieden?

Verena Niß: „Wir waren schon längere Zeit auf der Suche nach neuen Perspektiven für unsere Tierhaltung und wollten unseren Schweinen mehr Platz, Zugang zu frischer Luft und eingestreuter Liegefläche ermögli- chen. Das Hofkultur-Projekt, das genau auf unsere Bedürfnisse maßgeschneidert ist, war für uns perfekt. Nun sind wir stolze Partner der Firma Hütthaler und freuen uns über die neu erlangte Freiheit der Tiere. Es ist einfach eine Freude, wenn man den Schweinderln beim Spielen im Stroh zuschauen darf.“

Fleisch & Co: Herr Haderer, bevor es zur Kooperation mit Hütthaler kam, besuchten Sie Bauernhöfe mit unterschiedlichen Haltungsformen vorab. Was haben Sie dabei erlebt?

Andreas Haderer: „Ganz ehrlich habe ich mich bei den ersten Besuchen auf den Höfen etwas blamiert, da ich zuvor keine Höfe mit Schweinehaltung kannte. Super überrascht war ich von der Sauberkeit und Aktivität der Hofkultur-Tiere und ebenso von der Offenheit und Fröhlichkeit der Landwirte. Die Nähe zum Bauern ist sensationell, man ist per ,Du‘ und stolz darauf, dass man miteinander arbeiten darf!“

Verena Niß: „Ja, beim Projekt Hofkultur erfährt jeder Fairness und Respekt. Wir Landwirte sind stolz auf unsere Arbeit und freuen uns, dass sie von unseren Partnern die Wertschätzung bekommt, die sie verdient.“

Fleisch & Co: Was uns interessieren würde: Gibt es bereits Reaktionen der Konkurrenz?

Andreas Haderer: „Nein, vermutlich auch deswegen, da wir lange hinterm Busch gehalten haben. Spannend wird, wie die gesamte Gastro darauf reagieren wird. Ich glaube, dass sie nicht erwartet haben, dass gerade XXXLutz sich über Tierwohl Gedanken macht. Tierwohl geht nicht von heute auf morgen, das hat auch bei uns gut zwei Jahre gedauert.“

Seit Dezember 2021 findet man in der Speisekarte des Möbelriesens XXXLutz Schweinefleisch aus österreichischer Tierwohlhaltung.
© Beigestellt

Fleisch & Co: Würden Sie eine Lebensmittelkennzeichnung in der Gastro befürworten?

Michael Zoklits: „Die Lebensmittelkennzeichnung ist ein von uns schon lange gefordertes ,MUSS‘. Sowohl die Herkunftskennzeichnung als auch die Kennzeichnung nach den Haltungsbedingungen wären extrem wichtig und sind längst überfällig.“

Carina Kriegl: „Der Konsument hat in der Regel (außer in zertifizierter Bio-Gastronomie) weder Information zur Herkun der tierischen Produkte noch zu den Haltungsbedingungen der Tiere. Daher begrüßen wir jeden Schritt in die richtige Richtung und sehen hier ganz viel Potenzial für XXXLUTZ als einer der Vorreiter, Vorbildwirkung zu erzielen.“

Verena Niß: „Ich schließe mich an, Konsumenten haben das Recht zu wissen, was sie essen und wo es herkommt. Letztendlich könnte gerade für Gastronomiebetriebe die Herkunftskennzeichnung ein enormer Vorteil sein. Österreichische Herkunft steht für Qualität und Nachhaltigkeit.“

Fleisch & Co: Das billige Schnitzerl gehört also nun der Vergangenheit an. Wie nehmen die Kunden den Mehrpreis auf?

Andreas Haderer: „Nachdem gerade alles teurer wird, gab es in diesem Fall bisher keine negativen Äußerungen. Man zahlt aber auch gerne mehr für Tierwohl, es hat auch durch die beiden Pandemie-Jahre ein Umdenken stattgefunden.“

Fleisch & Co: Wie bewerten Sie den Tierwohltrend langfristig?

Florian Hütthaler: „Tierwohl ist aus den Regalfächern im Lebensmittelhandel nicht mehr wegzudenken, die Nachfrage steigt stetig, nicht nur im Fleischbereich. Wir sind sehr froh, dass wir vor acht Jahren diesen Weg eingeschlagen haben und an uns und unsere Vision geglaubt haben.“

Andreas Haderer: „Der Trend wird über die Jahre gesehen Standard werden. Wenn man auf diesen Zug nicht aufspringt, ist man bald Zweiter. Man hat auch kein gutes Gefühl mehr, wenn man Fleisch aus dem Ausland kauft . Der Kunde wird es früher oder später einfordern und nur noch heimisches Fleisch aus Tierwohlhaltung essen wollen. Der Lebensmittelhandel lebt es uns vor – wir in der Gastro hinken hier etwas nach und deswegen möchten wir hier ein Vorbild sein.“

Carina Kriegl: „Aus unserer Sicht ist es höchste Zeit, dass ein generelles Umdenken stattfindet. Sowohl bei den Konsumenten als auch bei den Landwirten. Es ist heutzutage nicht mehr vertretbar, Tieren ihre natürliche Bedürfnisse vorzuenthalten, diese z. B. ohne Zugang zu natürlichem Licht oder Luft zu halten. Für uns als Tierschutzorganisation geht es selbstverständlich immer noch zu langsam, wenn wir auch in den letzten Jahren eine schnellere Entwicklung bemerken. Langfristig sollten wir alle an einem Strang ziehen und gemeinsam die Haltungsbedingungen der Nutztiere in Österreich verbessern. Es gibt noch viel zu tun!“

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